Seit 5 Jahren lebt Julius Grennigloh mit Typ-1-Diabetes. Im Interview erklärt er, wie eine bewusstere Kohlenhydratzufuhr den Umgang mit Unterzuckerung erleichtern kann.
Herr Grennigloh, wie erleben Sie als Typ-1-Diabetiker Ihren Alltag?
Grennigloh: Als Unternehmer habe ich den Vorteil, meinen Alltag flexibel gestalten zu können, was vieles erleichtert. Ich sehe meinen Diabetes nicht als Einschränkung oder Belastung, sondern als Herausforderung, die mit den richtigen Tools, Strategien und etwas Disziplin gut zu meistern ist.
Welche Strategien oder Ansätze sind das?
Grennigloh: Seit Kurzem habe ich eine Smartwatch, die mit meinem CGM-System verbunden ist und meinen Blutzucker anzeigt. Das macht vieles einfacher und entlastet mich insofern, als dass ich nicht die ganze Zeit mein Handy mit mir herumtragen muss. Auch das Mitführen von Produkten, die schnell benötigte Kohlenhydrate liefern, sorgt dafür, dass ich in jeder Situation vorbereitet bin. Gegen Abend versuche ich zudem, weniger Kohlenhydrate zu essen, um größere Blutzuckerschwankungen in der Nacht zu vermeiden.
Wie sind Sie auf den Diabetes aufmerksam geworden?
Grennigloh: Zu der Zeit habe ich sehr viel gearbeitet und dachte, die Erschöpfung käme von den langen Arbeitstagen. Obwohl ich die Symptome für Typ-1-Diabetes genau kannte – starker Durst, häufiges Wasserlassen und allgemeine Erschöpfung – habe ich mir eingeredet, dass es auf keinen Fall Diabetes sein kann. Als ich dann doch zum Arzt ging, wurde ich leider eines Besseren belehrt. Die Diagnose Typ-1-Diabetes war ein Einschnitt, aber im Nachhinein bin ich froh, früh gehandelt zu haben.
Wie sind Sie direkt nach der Diagnose mit der neuen Situation umgegangen?
Grennigloh: Kurz vor der Diagnose hatte ich einen neuen Job angenommen, den ich drei Monate später antreten sollte – eine verantwortungsvolle Position, die neue Anforderungen mit sich brachte und sich in vielen Aspekten von meiner bisherigen Tätigkeit unterschied. Es war ein denkbar schlechter Zeitpunkt, um gleichzeitig den Umgang mit der Krankheit zu erlernen.
Am ersten Tag ging, während ich gerade in großer Runde meinen neuen Kollegen vorgestellt wurde, laut der Alarm meines CGM-Systems an meinem Handy los. Das CGM-System hatte ich gerade ganz neu und war damit noch nicht vertraut. Ich musste gleich lernen, offen mit der Krankheit und dem Insulinspritzen umzugehen.
Rückblickend war es eine sehr intensive Zeit, die mir jedoch gezeigt hat, wie viel ich leisten kann, wenn es darauf ankommt.
Viele Diabetiker greifen zu Süßem, um ihren Blutzuckerspiegel zu regulieren. Worauf legen Sie wert?
Grennigloh: Es hat mich gestört, bei Unterzuckerungen immer auf etwas Süßes angewiesen zu sein – besonders mitten in der Nacht, wenn ich bereits mit geputzten Zähnen im Bett gelegen habe und der Alarm an meinem Handy mich plötzlich geweckt hat. So wie man seinen Durst nicht ausschließlich mit Cola oder Saft stillt, wollte ich auch selbst entscheiden, wann ich etwas schmecke und wann nicht. Auch liegt mir meine Zahngesundheit sehr am Herzen, weshalb ich eine Alternative gesucht habe, die keine Zuckerreste im Mund hinterlässt. Die Speichelproduktion, die normalerweise Säuren neutralisiert und Zuckerreste wegspült, ist während des Schlafs stark reduziert, was das Risiko für Karies und Zahnfleischprobleme erhöhen kann. Genau deshalb habe ich mein eigenes Produkt entwickelt – nicht nur für insulinpflichtige Diabetiker, sondern auch für Sportler und alle, die schnelle Kohlenhydrate benötigen, aber eine geschmacksneutrale Alternative bevorzugen.
Welche Effekte spüren Sie dadurch?
Grennigloh: Für mich persönlich hat sich mein Umgang mit Unterzuckerungen deutlich verändert. Früher fiel es mir schwer, nur die Menge an Kohlenhydraten zu mir zu nehmen, die nötig war, um meinen Blutzucker zu stabilisieren. Das führte häufig dazu, dass mein Blutzucker anschließend viel zu hoch war und ich unnötig viele Kalorien zu mir genommen habe. Mittlerweile gelingt es mir, gezielt gegenzusteuern, ohne den Drang nach Süßem weiter anzufachen. Dadurch beschränke ich mich auf die wirklich erforderliche Menge, habe Blutzuckerschwankungen und meine Kalorienzufuhr reduziert und gleichzeitig meinen HbA1c verbessert.
Welche Empfehlungen haben Sie für andere Diabetiker?
Grennigloh: Sich nicht von der Diagnose definieren zu lassen! Natürlich ist die Diagnose anzunehmen ein Prozess, der Zeit braucht und nicht von heute auf morgen geschieht. Diabetes bedeutet Verantwortung, aber es ist möglich, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Moderne Hilfsmittel können den Alltag erheblich erleichtern, und ich empfehle, diese Möglichkeiten aktiv zu nutzen. Ohne ein CGM-System würde mich die Krankheit deutlich mehr belasten und noch viel mehr Zeit und Aufmerksamkeit fordern. Gleiches gilt für das Thema Ernährung und Blutzuckerregulierung. Wer sich genauer damit beschäftigt, findet passende Dextroseprodukte und Alternativen zu süßen Snacks. Außerdem hilft es, sich mit anderen Diabetikern auszutauschen – man lernt immer wieder Neues und fühlt sich verstanden.