Keine Angst vor Diabetes

Keine Angst vor Diabetes


Die Diagnose Diabetes kann verunsichern und bedeutet einen Einschnitt im Leben des Betroffenen. Das liegt zum einen an der Krankheit selbst. Menschen mit Typ-1-Diabetes benötigen in der Regel eine Insulintherapie, da der Körper selbst kein Insulin mehr produziert. Menschen mit Typ-2-Diabetes hingegen haben eine Resistenz gegen das körpereigene Insulin entwickelt. Hier stehen verschiedene Ansätze zur Verfügung. Manchmal reichen Veränderungen im Alltag, wie sie in medizinischen Empfehlungen beschrieben werden, um Verbesserungen zu erzielen. Regelmäßig den Blutzucker zu kontrollieren – und Unter- wie Überzucker zu vermeiden –, auf eine ausgewogene Ernährung zu achten, sich ausreichend zu bewegen und Stress bewusst zu managen, gehört dabei häufig dazu. Zum anderen liegt der Einschnitt an den Risiken von Folge- und Begleiterkrankungen. Zu hohe Blutzuckerwerte können langfristig die Blutgefäße schädigen, was wiederum zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Störungen an Nieren, Augen und Nerven sowie dem diabetischen Fußsyndrom führen kann. Bluthochdruck und erhöhte Blutfette können Gefäßfunktionen zusätzlich beeinträchtigen. Regelmäßige ärztliche Untersuchungen alle drei bis zwölf Monate, bei denen der Blutzucker-Langzeitwert bestimmt, das Körpergewicht kontrolliert, der Blutdruck und die Blutfettwerte gemessen und die verschiedenen Organe überprüft werden, sind daher wichtig.


Höhere Wahrscheinlichkeit für Depressionen

In diesem Zusammenhang nicht zu unterschätzen sind einhergehende psychische Erkrankungen. Die Frage „Warum ich?“ und ein Schuldgefühl können genauso belastend sein wie die Herausforderung einer neuen Routine, die sich nach viel Geduld oft erst nach einigen Monaten einstellt. Nicht selten fühlen sich Betroffene überfordert, wenn sie ihre Gewohnheiten aufgeben und ihren Alltag optimieren müssen. Schließlich erfordert Diabetes viel Selbstmanagement und -disziplin. Hinzukommen können Ängste vor Unterzuckerung, dem Insulinspritzen oder Folgeerkrankungen. Es kommt vor, dass Betroffene dann einzelne Teile der Therapie vernachlässigen, auf Sport verzichten, oder sich sozial zurückziehen, um sich vor Stigmata zu schützen.

Laut einer Erhebung des Robert-Koch-Instituts zeigen 13 Prozent der Deutschen mit Diabetes depressive Symptome wie Niedergeschlagenheit, Antriebslosigkeit, Appetitlosigkeit und Schlafstörungen. Zum Vergleich: Bei Menschen, die nicht mit der chronischen Stoffwechselerkrankung leben, beträgt der Anteil 7,9 Prozent.1 Die Wahrscheinlichkeit, eine Depression zu entwickeln, ist bei Menschen mit Diabetes also fast doppelt so hoch. Andersherum haben Menschen, die an Depressionen leiden, eine 60 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit, an Diabetes zu erkranken. Eine Erklärung ist der komplexe Zusammenhang zwischen Blutzucker- und Stimmungsschwankungen. Ist der Glukosewert über Wochen erhöht, verändert sich der Fettstoffwechsel, das Insulin wirkt weniger gut – und das Risiko, zunehmend schlechter gelaunt zu sein, steigt.


Selbsthilfe und Hilfe von außen

Regelmäßige Bewegung an der frischen Luft, Atemübungen, genug Schlaf, Austausch in der Community sowie offene Gespräche über die Krankheit werden von vielen Betroffenen als hilfreich beschrieben, um besser mit Diabetes umzugehen. Moderne Tools wie kontinuierliche Glukosemesssysteme können unterstützen, indem sie Trends sichtbar machen oder Warnsignale ausgeben. Auch kann es helfen, konkret einen Psychologen hinzuzuziehen, der zum Beispiel im Umgang mit negativen Gefühlen wie Wut und Trauer beiseite steht. Weitere Wege sind strukturierte Gruppenschulungen, Rehas, ambulante Psychotherapien und der Wechsel in Diabeteswohngruppen, insbesondere auch für Kinder und Jugendliche mit Typ-1-Diabetes, die an schweren Angststörungen, Essstörungen oder Depressionen leiden.

Grundsätzlich ist es wichtig zu erkennen, dass Ängste angemessen sind und zum Leben dazugehören – nach einer Diagnose sind sie ganz normal. Je mehr fundierte Informationen vorhanden sind und je aktiver sich Betroffene mit der Erkrankung auseinandersetzen, desto eher berichten viele von einem leichteren Umgang damit.

1 https://diabsurv.rki.de/Webs/Diabsurv/DE/diabetes-in-deutschland/3-22_Depressive_Symptomatik.html?nn=16718126